Orientiert auf den Azoren

… neun weit verstreute Blumentöpfe mitten im Atlantik

Der paradiesgrüne Archipel erstreckt sich in den unendlichen Weiten des Atlantiks zwischen Europa und Amerika südlich des 40. Breitengrads (etwa auf Höhe von Sizilien). Fernab von jeder Festlandsküste ragen hier neun Inseln, die zu Portugal gehören, aus den Fluten. Sie verteilen sich über ein Meeresgebiet, das fast so groß ist wie das Mutterland. Die östlichste Insel, Santa Maria, liegt annähernd 600 km von der westlichsten Insel entfernt. Ihr Name ist Flores – passend für eine Insel, so grün und bunt wie ein Blumentopf mitten im Atlantik. Groß sind die Inseln nicht – mit einer Gesamtfläche von 2335 km² sind alle Inseln zusammengenommen kleiner als Mallorca (3618 km²).

… ein Ziel für Naturtouristen

Der Star ist hier die Landschaft! Die Inseln, die vulkanischen Ursprungs sind, offenbaren Kraterseen, wildromantische Höhenzüge, dichte Lorbeerwälder, rauschende Wasserfälle und schroffe Lavaküsten. Meterhohe Hortensienhecken säumen Weiden mit bimmelnden Kühen darauf, am Wegesrand gedeihen Passionsblumen, in Gärten Bananenstauden. Und drum herum das allgegenwärtige tiefblaue Meer. Grün und Blau, die Farben von Kaspers Frau, harmonieren auf dem Archipel. Dies alles nur durch die Windschutzscheibe zu sehen, wäre schade und geht oft gar nicht – Wanderstiefel sollten im Gepäck sein!

… ein Desaster für Cluburlauber

Wer hingegen zur Klientel Club Med & Co gehört, ist auf den Azoren falsch. Animation am Pool einer All-inclusive-Anlage, palmengesäumte Strände, an denen im Liegestuhl Caipi-Orgien gefeiert werden, ein ausschweifendes Nachtleben oder illuminierte Basarmeilen? Fehlanzeige – nichts davon gibt es hier. Nada.

… ideal für Individualisten

Natürlich werden nach der Reise auch all jene etwas zu erzählen haben, die einen Pauschalurlaub in einem Stadthotel in Ponta Delgada oder eine organisierte Rundreise gebucht haben. Mit Pipi in den Augen jedoch werden die nach Hause zurückkommen, die die Inseln mit Muße individuell bereist haben. Widerstehen Sie der Verlockung, so viele Inseln wie möglich sehen zu wollen – weniger ist manchmal mehr! Vier oder fünf Inseln in zehn Tagen oder gleich alle Neune in zwei Wochen – von solch durchstrukturierten Reisen ist eher abzuraten, zumal Inselhopping viel Zeit kostet und Ihnen außerdem das verrückte Azorenwetter immer wieder einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen kann. Wer Pech hat, lernt so nur die Inselflughäfen von innen kennen. Auch lässt das feste Programm einer organisierten Rundreise oft keine spontanen, kurzfristigen Änderungen zu. Wie schade, wenn man im dicksten Nebel zu den spektakulärsten Aussichtspunkten in den Bergen gekarrt wird, während an der Küste die Sonne scheint …

Und wohin nun?

Geografisch, jedoch nicht politisch, sind die neun Azoreninseln in drei Gruppen eingeteilt. Santa Maria und São Miguel bilden die Ostgruppe (grupo oriental), Terceira, Graciosa, Faial, Pico und São Jorge die Zentralgruppe (grupo central), Flores und Corvo die Westgruppe (grupo ocidental).

Der mit Abstand größte Teil der Besucher entscheidet sich für São Miguel, zumal dorthin die besten Flugverbindungen bestehen. Die Insel vereint sämtliche Schönheiten des Archipels, ist zugleich die am dichtesten besiedelte und touristisch am besten erschlossene. Ganz anders Santa Maria, ein echtes Landei, das durch malerische Buchten und Dörfer im Hänsel-und-Gretel-Setting begeistert.

Faial prahlt mit dem bezaubernden Hafenstädtchen Horta und einer Mondlandschaft an der Ponta dos Capelinhos. Von Faial lassen sich zudem die landschaftlich reizvollen Nachbarinseln Pico (mit viel Wein und dem höchsten Berg Portugals) und São Jorge (mit traumhaften Wanderwegen und einer extrem ungewöhnlichen Topografie) unkompliziert und schnell per Fähre erreichen. Terceira hat mit seinem Renaissance-Hauptstädtchen Angra do Heroísmo ein UNESCO-Welterbe zu bieten, das kleine, verpennte Graciosa dafür eine mächtige Caldeira von höchstem Schauwert.

Flores und Corvo schließlich sind noch echte Geheimtipps für Azoren-Fortgeschrittene, die ohne gastronomische Höhenflüge auskommen und auch mal mehrere Tage hintereinander nasse Zehen und tiefhängende Wolken ertragen. Denn dort, ganz weit draußen im Atlantik, spielt das Wetter öfters mal die Drama-Queen!

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