Essen gehen

Böhmische Küche einst …

Die handfeste Kost aus Böhmen hatte während der K.-u.-k.-Zeit einen nahezu legendären Ruf. In jedem Wiener Haushalt, der etwas auf sich hielt, stammte die Köchin aus Böhmen. Jenen Kochkünstlerinnen verdankt die viel gerühmte Wiener Cuisine bis heute so manche Spezialität, man denke nur an Palatschinken. Doch die Rezepte der böhmischen Köchinnen, die mit besten Zutaten, frischen Kräutern und extravaganten Gewürzen Köstliches zauberten, wurden während der sozialistischen Zeit ad acta gelegt. Da über 90 % der Frauen berufstätig waren, erstarb das häusliche Kochen, und wie in den Restaurants die Gerichte zuzubereiten waren, war bis ins Kleinste staatlich geregelt – um der Kategorisierung der Lokale wegen. Jegliche Kreativität wurde untersagt. Wer die Einheitsküche verfeinern wollte, dem drohte Strafe. Nicht alle beugten sich dem Küchendiktat des Staates und wagten im Stillen Experimente. Einige dieser „kulinarischen Dissidenten“ stiegen nach 1989 zu tschechischen Starköchen auf.

… und heute

Immer mehr junge Köche an der Moldau besinnen sich auf die hervorragenden alten Rezepte oder versuchen, die böhmischen Standards mit neuen Ideen aufzupeppen. Dies macht man z. B. gekonnt im Restaurant La Degustation Bohème Bourgoise in Josefov, das gar ein Michelin-Stern ziert – einer von zweien, die bislang über der Moldau funkeln. Aber keine Sorge: Wer große Teller mit nichts drauf, Foie gras und Gerichte wie „Froschschenkel Eigelb Sauerklee“ nicht mag, findet im Buch auch genügend Adressen für Schweinebraten mit Kraut und Knödeln, Bratente, Wiener Schnitzel oder Gulasch. Ein Restaurant, das diese Klassiker hervorragend zubereitet, ist z. B. das Vinohradský Parlament in Vinohrady.

Whole Animal und Fusion

Nach jeder Prag-Recherche kommen wir mit jeder Menge neuer Adressen zurück. Was ist in Prag mittlerweile nicht alles denkbar? Ein erfrischend anderes Konzept bietet z. B. das Sansho in der Neustadt, das sich als „Whole Animal Restaurant“ versteht und bis auf die Hufe fast alles vom Tier anbietet. Eine lässig aufpolierte neutschechische Küche zaubert man im Eska in Karlín – reduzierter Industrialschick und very hip. Nette Angelegenheiten sind auch die Bauernmärkte, wo man Biogemüse, Geräuchertes vom Böhmerwald-Bullen oder Fische aus den südböhmischen Teichen bekommt.

Bestes Bier der Welt

Nicht nur Kafka und Karlsbrücke haben Prag berühmt gemacht, auch die einst über 1000 Pivnices, die traditionsreichen, schwer-rustikalen Bierstuben. Viele, v. a. im historischen Zentrum, wurden mittlerweile modernisiert und dem Allerweltsgeschmack angepasst. Ein paar urige Exemplare haben die Zeiten jedoch überdauert. Schauen Sie unbedingt einmal im Schwarzen Ochsen im Stadtteil Hradčany vorbei. Das Pivo fließt dort noch in rauen Mengen, dazu werden deftige Happen serviert. Das tschechische Grundnahrungsmittel Nummer eins enthält übrigens weniger Alkohol als deutsches Bier. Den bekannten Krug zu viel trinkt man dennoch – kein Wunder beim süffigsten Bier der Welt.

Nicht zu spät kommen!

Die Hauptmahlzeit nehmen die Tschechen mittags ab 11 Uhr ein. In den meisten restaurace werden dann preiswerte Tagesgerichte angeboten. Falls Sie keine Tageskarte (meist nur in tschechischer Sprache) bekommen, fragen Sie nach den Tagesangeboten (denní nabídky). Am Abend wird auch früh gegessen. Nach 22 Uhr ist die Küche vieler einfacher Restaurants bereits geschlossen.

Was man sonst noch wissen sollte …

Die Preisangaben im Buch beziehen sich auf Hauptgerichte (Hg.). Beilagen müssen, von den Tagesgerichten abgesehen, oft separat bestellt werden. Die Grammangaben vor Fleisch-, Fisch- und selbst Pastagerichten, die man auf manchen Karten noch findet, sind Relikte aus sozialistischer Zeit. Als Trinkgeld gibt man 5–10 %, in touristischen Lokalen wird dieses oft automatisch berechnet.

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