Wandern auf Sardinien
► Sonne, Strand und Meer – das ist wohl das bekannteste Bild von Sardinien. Weiße Sandstrände und verschwiegene Badebuchten locken jedes Jahr Tausende von Badegästen an. Das Landesinnere dagegen ist den meisten Besuchern bis heute relativ unbekannt. Dabei bietet der „kleine Kontinent“ Sardinien in landschaftlicher Hinsicht fast alles, was das Herz begehrt: Auf ca. 24.000 km² findet man schroffe, alpin anmutende Gebirge, sanfte Hügellandschaften wie in der Toskana und sonnenverbrannte Ebenen, die einst so reich an Getreide waren, dass die Karthager das Anpflanzen von Bäumen verboten.Das, was die Insel für den Wanderer so interessant macht, sind nicht nur die wilden sardischen Berge, die viele Wandermöglichkeiten bieten und mit immer neuen Eindrücken überraschen, sondern auch die Unterschiede zum italienischen Festland: der enorme Reichtum an Natur- und Kulturgütern auf engstem Raum, die ungewöhnlich entgegenkommenden Menschen und die Ursprünglichkeit. So bietet Sardinien für jeden Wandertyp etwas – ob für den Sportler, den Naturliebhaber, den Kulturinteressierten oder einfach den Entspannungs- und Genuss-Suchenden. ■
Auf der Insel erwarten uns ganz unterschiedliche Landschaftseindrücke. Die reizvollsten Wanderregionen entsprechen grob auch den wichtigsten sardischen Landschaften.
► Norden: Der Norden ist die wichtigste touristische Region der Insel und dementsprechend v. a. an der Küste erschlossen. Trotzdem kann man hier noch ursprüngliche Natur finden. Geprägt wird dieser Teil Sardiniens insbesondere durch die Landschaft der Gallura. Bizarre Granitfelsen faszinieren in allen Formen und Farben (→ Touren 1 und 4). Auch vulkanische Gesteine wie der rote Porphyr bei Isola Rossa kommen vor (→ Tour 2). Wenige Schritte von der Küste entfernt, bestimmen dagegen Korkeichenwälder und duftende Macchia das Bild (→ Tour 5). In der Gallura befindet sich auch das dritthöchste Bergmassiv Sardiniens. Der Limbara hat mit seinen über 1.300 m hohen Gipfeln schon fast alpinen Charakter (→ Tour 3). ■
► Osten und zentrale Bergregionen: Im Osten der Insel befinden sich die gebirgigsten Regionen: das Gennargentu-Gebirge im Landesinneren und das Supramonte-Gebirge in Richtung Ostküste. Obwohl im Gennargentu die höchsten Berge der Insel aufragen – die Punta La Marmora (→ Tour 17) ist mit 1.834 m der höchste –, findet man hier eher sanfte Formen, die an unsere Mittelgebirgslandschaften erinnern. Im Gegensatz zu den kahlen Gipfelregionen stehen die dichten Eichen- und Kastanienwälder in den tieferen Lagen (→ Touren 18 und 19). Der Gennargentu geht in Richtung Nordosten in das Supramonte-Gebirge über. Zwischen Gennargentu und Supramonte sorgen merkwürdige Felskegel wie der Monte Novo San Giovanni (→ Tour 16) für interessante Landschaftseindrücke. Der Supramonte ist durch tief eingeschnittene Schluchten (→ Touren 12 und 13) geprägt, in denen nach starken Regenfällen wilde Gebirgsbäche fließen. Die höchste Erhebung ist der Corrasi (→ Tour 11) oberhalb des Bergdorfes Oliena. Urige Steineichen findet man z. B. am Monte Pisaneddu (→ Tour 8), und dass die Gegend auch in archäologischer Hinsicht einiges zu bieten hat, lässt sich gut auf der Wanderung zum Monte Tiscali (→ Tour 10) erfahren: Dort befinden sich die Reste einer nuraghischen Siedlung. Das Supramonte-Gebirge endet als Steilabbruch zum Meer hin. Die wilde Felsküste (→ Tour 15) wird immer wieder von romantischen Sandbuchten unterbrochen, von denen sich einige auf mehr oder weniger längeren Wanderungen gut erreichen lassen (→ Touren 9 und 14). Im Norden schließt sich an den Supramonte die fruchtbare Landschaft der Baronia an, aus der der markante Kalksteinrücken des Monte Albo herausragt (→ Touren 6 und 7). Hier findet man einsame Landschaften vor einer Kulisse, die mit zerklüfteten weißen Kalkfelsen und grünen Wiesen fast schon an die Alpen erinnert. ■
► Süden: Die Landschaften des Sulcis und Iglesiente im Südwesten Sardiniens sind durch jahrtausendelangen Bergbau geprägt. Überall findet man Spuren dieser reichen Vergangenheit, wie verlassene Bergwerke und alte Stollen (→ Touren 24, 26 und 27). Im Iglesiente lädt v. a. das Linas-Gebirge (→ Touren 26, 27 und 28) zum Wandern ein, im Sulcis die wilde Gebirgslandschaft des Monte Arcosu (→ Tour 25) und sanftere Höhenzüge (→ Tour 23). Tief eingeschnittene Täler zerteilen uralte Gesteinsschichten, stark bewaldete Gebirge kontrastieren mit kahlen Bergzügen, kargen Felslandschaften und bizarren Felsnadeln. Auch wunderbare Sandstrände gibt es in dieser Gegend zu entdecken, so z. B. bei Chia (→ Tour 22). Im Südosten ist das Massiv der Sette Fratelli (→ Touren 20 und 21) ein beliebtes Wandergebiet. Eine Besonderheit ist schließlich die Basalthochfläche der Giara (→ Tour 29), auf der bis heute ungestört kleinwüchsige Wildpferde leben. ■
► Westen: Der Westen Sardiniens ist durch gegensätzliche Landschaften geprägt. Ganz im Nordwesten findet man eine grüne Küstenlandschaft, die von sanften Hügeln umrahmt wird (→ Tour 35) oder aus der markante Tafelberge aufragen (→ Tour 33). Die Küste in der Gegend von Alghero und Bosa ist zum größten Teil noch wild und ursprünglich (→ Touren 30, 31 und 34). Im Gebiet der Marghine-Berge nordöstlich von Macomer wechseln saftige Wiesen mit rauen Berglandschaften ab (→ Tour 32). ■
► Wetter und Jahreszeit: Sardinien hat ein typisch mediterranes Inselklima mit heißen, trockenen Sommern und kühlen, regenreichen Wintern. Die winterlichen Temperaturen sind aufgrund des maritimen Klimas mit durchschnittlich 8–14 °C an der Küste (Alghero und Capo Carbonara im Diagramm „Tagestemperaturen“) und 1–9 °C im Landesinneren (Fonni und Perdasdefogu) eher mild. Die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur im Sommer beträgt dagegen 18–29 °C an der Küste und 16–26 °C im Landesinneren, jedoch gibt es auch Tage, an denen die Temperaturen auf 40–45 °C im Schatten ansteigen können. Das Meerwasser erreicht im August seine maximale Temperatur. Diese kann zwischen 23 °C im Westen, 26 °C im Süden und 25 °C an der Nord- und Ostküste liegen. Im Frühling betragen die durchschnittlichen Meerestemperaturen an der Südküste 17 °C, an den übrigen Küsten 16 °C. Im Herbst liegen sie bei 21 °C im Westen der Insel und bei 22 °C in den übrigen Küstengebieten. Im Winter sinken die Temperaturen an der gesamten Küste auf unter 15 °C.
Die meisten Niederschläge gibt es im Inneren der Insel, wo die ostwärts ziehenden Wolken an der Westseite des Gennargentu abregnen (orografischer Niederschlag). Die trockenste Region ist dagegen der Süden. So beträgt die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge am Capo Carbonara im Südosten nur 270 mm, 570 mm bei Perdasdefogu etwas nördlicher, 590 mm bei Alghero an der Nordwestküste und 800 mm bei Fonni im Gennargentu. Fast zwei Drittel des Niederschlags fallen im Herbst und Winter, etwa ein Drittel im Frühling. Dementsprechend gibt es Niederschlagsmaxima im November/Dezember und im Februar/März. Dazwischen liegen die sog. Secche di gennaio (wörtl. „Trockene des Januars“), eine regenarme Zeit im Januar. Im Zeitraum Juni bis September gibt es an der Küste nur ein bis zwei Regentage im Monat, im Landesinneren zwei bis drei. Oft regnet es aber von Juni bis November überhaupt nicht. Wassersparen und Wassermangel gehören zum Alltag auf der Insel. ■
► Kleine Windkunde: Scirocco, Maestrale, Libeccio – jeder Wind hat auf Sardinien seinen eigenen Namen. Der Maestrale weht aus Nordwest und heißt in Frankreich Mistral. In den heißen Sommermonaten sorgt er für klare Sicht und frische Luft. Im Winter richten die orkanartigen Böen, die eine Geschwindigkeit von 120 km/h erreichen können, oft viel Schaden an. Bei starkem Maestrale sollte man keine Kammwanderung machen (Punta di Colloredda → Tour 5, Punta su Mutucrone → Tour 6, Monte Turuddò → Tour 7, Monte Uddè → Tour 8, Monte Corrasi → Tour 11, Punta La Marmora → Tour 17, Punta Camedda → Tour 27, Monte Margiani → Tour 28, Felsspitze über der Cala Santa Maria → Tour 31). Der Scirocco ist ein heißer Südostwind aus Afrika. Oft bringt er roten Wüstenstaub mit, der alles mit einer feinen Staubschicht bedeckt. Der Ponente, ein kräftiger Westwind, sorgt für gute Sicht. Tramontana, Greco und Levante wehen aus Norden bis Osten, der Libeccio aus Südwest. ■
► Wandersaison: Auf Sardinien kann man im Prinzip das ganze Jahr über wandern. Von Wanderungen in den heißen Sommermonaten Juli und August ist allerdings abzuraten. Wenn’s denn unbedingt sein muss, empfiehlt es sich, früh loszugehen, d. h. bei Sonnenaufgang (→ Tabelle „Tageslängen“), damit die Tour um die heiße Mittagszeit beendet ist. Auf keinen Fall vergessen darf man dabei Sonnenschutz und genügend Wasser (1,5–2 Liter pro Person) – auch auf vermeintlich kurzen Touren!
Die beste Zeit zum Wandern ist sicher der Frühling (Mitte April bis Anfang Juni), wenn sich die Insel in ein Blütenmeer verwandelt. Dann sind überall Margeriten, Mohn, verschiedene Orchideen, wilde Gladiolen, der Kleinste Krokus (Crocus minimus) und die Großblättrige Pfingstrose (Paeonia mascula) zu sehen, die von den Sarden liebevoll „Orrosa ’e Monte“, „Bergrose“, genannt wird.
Der März und die erste Aprilhälfte sind noch kühl und regenreich und bringen oft wechselhaftes Wetter. Eine wetterfeste Jacke sollte man im Rucksack haben. Im zeitigen Frühjahr kann in Lagen über 1.000 m noch Schnee liegen (z. B. Punta La Marmora → Tour 17).
Nach dem heißen Sommer wird es im September wieder angenehmer. Wiesen und Sträucher sind zwar von der Hitze braun und verbrannt, dafür hat das Meer noch eine angenehme Badetemperatur. Der Oktober bringt empfindliche Temperatureinbrüche, und es muss mit ersten Regenfällen gerechnet werden. Dabei regnet es im Landesinneren eher und mehr als an der Küste.
Das relativ stabile Herbstwetter dauert meist bis Anfang November an. In den Wintermonaten wird das Klima der Insel von atlantischen Störfronten bestimmt. Es regnet viel und heftig; Gewitter sind keine Ausnahme, und starke Stürme ziehen über die Insel hinweg. Jedoch gibt es auch im Januar und Februar schöne Tage, besonders im Januar herrschen oft Schönwetterlagen mit trockener Luft und warmen Tagen vor (Secche di gennaio).
Beim Wandern in den Wintermonaten sollte man beachten, dass es auch auf Sardinien schnell dunkel wird (→ Tabelle „Tageslängen“). Die Dämmerung dauert meist nur kurz, bei längeren Touren sollte man also entsprechend früh losgehen. ■
Sardinien gehört zu den ältesten Regionen Europas, drei Viertel der Oberfläche sind Gesteine aus dem Erdaltertum (vor 542 bis 251 Mio. Jahren). Zu den ältesten Gesteinen auf der Insel gehören die sandig-kalkigen Sedimente im Iglesiente und Sulcis und verschiedene Schieferformationen im Gennargentu, die auf ca. 500 Mio. Jahre datiert wurden.
► Granite: Den größten Teil der Insel bauen Granite auf. Sie gehören zu den Plutoniten (unter der Erdoberfläche erstarrte Gesteine). Die sardischen Granite bildeten sich – ebenso wie die korsischen – im Devon (vor ca. 360 Mio. Jahren), als durch starke tektonische Bewegungen ein mächtiges Gebirge entstand. Dieses Gebirge reichte von Frankreich über Mitteldeutschland (die Reste sind unsere Mittelgebirge) bis zu den polnischen Mittelgebirgen und ähnelte unseren Alpen. Durch die starken Erdbewegungen drang Magma in die Kruste ein und erstarrte dort in der Tiefe der Erde zu sog. Plutonen, also Gesteinskörpern von mehreren Hundert Metern Durchmesser. Im Laufe von Millionen von Jahren wurde das darüberliegende Deckgebirge abgetragen und der Pluton bzw. der Granit durch Erosion freigelegt.
Die granitischen Gesteine bauen im Allgemeinen Hochländer und Mittelgebirge auf (z. B. Monte Limbara → Tour 3, Massiv der Sette Fratelli → Touren 20 und 21). Sie tragen eine dünne, saure Bodendecke, auf der nur anspruchslose Vegetation gedeihen kann (z. B. Korkeichen).
Aufgrund seiner während der Erstarrung des Magmas entstandenen regelmäßigen Längs- und Querklüfte verwittert der Granit zu schwach gerundeten, kissenartigen Blöcken (Wollsackverwitterung). Diese Wollsäcke bilden in der Landschaft oft bizarre Felsformationen, die sich auf den Touren 1, 4 und 21 besonders gut bewundern lassen. Auch sog. Tafoni kann man in granitischen Gesteinen oft beobachten. Dabei handelt es sich um höhlenartige Formen verschiedener Größe, die sich entlang von Klüften in einem Gesteinskörper bilden. Ihre Entstehung ist bis heute umstritten, dürfte aber mit Unterschieden bezüglich der Feuchteverteilung am Gestein zusammenhängen. Schöne Tafoni gibt es auf Tour 1 zu sehen. ■
► Kalkstein: Im Erdmittelalter (vor 251 bis 65 Mio. Jahren) waren weite Teile Sardiniens von einem flachen Meer überflutet, in dem sich Kalk aus den Skeletten verschiedener Meerestiere ablagerte. Diese Schichten wurden im weiteren Verlauf der Erdgeschichte und nach dem Rückzug des Meeres abgetragen, ihre Reste bauen heute die Kalkgebiete des Supramonte, des Monte Albo und der Nurra nördlich von Alghero auf.
Zu den schönsten Formen im Kalkstein gehören die Tropfsteinhöhlen, von denen es auf Sardinien eine große Anzahl gibt. Ihre Entstehung lässt sich auf Lösungs-/Ablagerungsprozesse im Kalkstein zurückführen. Beim Wandern fallen oft scharfe Rinnen im Kalkstein auf. Dabei handelt es sich um sog. Karren, die v. a. durch chemische Auslaugungsprozesse im Gestein entstehen. Wo viele dieser Rinnen auftreten, spricht man von Karrenfeldern (→ z. B. Tour 10).
Im Gegensatz zum Granit bildet der Kalk keine runden, sondern sehr spitze Formen. Das bekommen v. a. unsere Wanderschuhe zu spüren. Vorsicht ist auch bei feuchtem Wetter geboten: Kalkstein wird bei Nässe sehr rutschig! ■
► Vulkanite: Sardinien war nicht immer eine Insel, sondern hing einst an Südfrankreich. Die Anschlusstücke hat man im Golf von Lyon nachweisen können. Erst im Zuge der Alpenauffaltung vor ca. 40 Mio. Jahren wurde Sardinien vom Festland abgespalten, gegen den Uhrzeigersinn gedreht und driftete schließlich ins Mittelmeer. Aufgrund der starken bruchtektonischen Beanspruchung zerbrach die Landoberfläche in Schollen, große Spalten rissen auf, aus denen sich Lava ergoss, und Vulkane wie der Monte Arci und der Monte Ferru brachen immer wieder aus. Durch Erstarren der ausfließenden Lava bildeten sich je nach ihrer Zusammensetzung verschiedene vulkanische Gesteinsarten: Basalte sind basische und sehr dunkle Vulkanite, die meist in Form von Lavaströmen vorkommen. Die Lava ist beim Ausfließen sehr heiß (1.100 °C und mehr) und fließfähig. Die gewaltigen Eruptionsmengen überdecken große Flächen. Schöne Beispiele für Basaltergüsse sind die Golgo-Hochfläche oberhalb von Baunei (→ Tour 14) und der Tafelberg Giara di Gesturi (→ Tour 29). Die häufigste Vulkanitgruppe nach den Basalten sind die Andesite. Beim Andesit sitzen helle Einsprenglinge (einzelne große Kristalle) in einer dunklen und feinkörnigen Matrix, er hat somit ein sog. porphyrisches Gefüge. Auch der Trachyt ist ein feinkörniger Vulkanit mit oft porphyrischem Gefüge und fühlt sich wegen der vielen Bläschen oft rau (griech. „trachýs“) an. Die Kristalle sind mehr oder weniger parallel ausgerichtet und verleihen dem Gestein ein sog. trachytisches Gefüge. Ausfließende Trachytlaven sind zäh und wenig fließfähig, die austretende Lava überdeckt nur kleine Flächen. Andesite und Trachyte findet man v. a. im Westen von Sardinien (→ z. B. Tour 31). Eindrucksvolle Verwitterungsformen zeigen insbesondere Trachyte und andere Gesteine mit porphyrischem Gefüge (→ Touren 2 und 13). ■
Die sardische Tier- und Pflanzenwelt gehört zu den artenreichsten Italiens und lohnt ein näheres Kennenlernen. Leicht sieht man Kork- und Steineichen, Flaumeichen, Olivenbäume, Eukalyptus und Oleander. Unter den ca. 2.000 Pflanzenarten gibt es jedoch auch viele Endemiten. Dabei handelt es sich um Arten oder Unterarten, die nur auf begrenztem Raum vorkommen. Die geologischen und klimatischen Wechselfälle der Insel hatten die geografische Isolation vieler Arten zur Folge, die sich morphologisch und genetisch andersartig entwickelten. Auch in faunistischer Hinsicht weist die Insel zahlreiche Besonderheiten auf, so z. B. das endemische Giara-Wildpferd. Es sind jedoch nicht nur die Besonderheiten, die den Reiz der Insel für Naturliebhaber ausmachen, sondern v. a. die zahlreichen „normaleren“ Pflanzen: Beeindruckend ist z. B. die Mandelblüte im Februar in der Barbagia, ein unvergessliches Ereignis, das eine Reise im zeitigen Frühjahr lohnt – außerhalb der Saison (mehr zum sardischen Blütenmeer im Frühling hier und hier).
► Wald: Aus historischen Quellen weiß man, dass ursprünglich ganz Sardinien von dichten Wäldern bedeckt war. Diese Wälder setzten sich v. a. aus Stein- und Flaumeichen zusammen, aber auch aus Eiben, Stechpalmen, Wacholder, Ahorn, Erlen und Fichten. Nach Angaben eines Forstregisters von 1869 waren damals 10.800 km², also etwa 47 % der Insel, von Wald bedeckt, in den 1980er-Jahren waren es nur noch rund 4.150 km² bzw. 17 %. Damit gehört Sardinien zu den am geringsten bewaldeten Gebieten Italiens. Große Waldbestände wurden im 19. und 20. Jh. durch Abholzungen (Eisenbahnbau, Bergbau, Industrie) und Brandstiftungen (Bauspekulation, Gewinnung von Weideland) vernichtet. Allein im 19. Jh. wurden 5.900 km² Wald gerodet. Die Vegetation in den Ebenen war schon in römisch-punischer Zeit zerstört worden, um dort Felder für dringend benötigten Weizen anzulegen.
Heute gibt es auf Sardinien mehrere Aufforstungsgebiete, die der Forstverwaltung unterstellt sind. Mühevoll versucht man hier, Steineichen, Flaumeichen und andere Bäume wieder anzupflanzen – aufgrund der starken Erosion oft kein leichtes Unterfangen.
Die schönsten Waldbestände findet man am Monte Limbara (→ Tour 3), im Iglesiente (→ Touren 26 und 27), im Gebiet der Sette Fratelli (→ Touren 20 und 21) und im Gennargentu (→ Touren 18 und 19). Im Gennargentu gibt es außerdem Wälder mit Esskastanien (Castanea sativa), Walnussbäumen und Haselnusssträuchern. Diese sind nicht natürlichen Ursprungs, sondern wurden vom Menschen angepflanzt, für den die Einnahmen aus dem Verkauf der Früchte eine wichtige Einnahmequelle in dieser Region darstellten.
In weiten Teilen Sardiniens bestimmen dichte Korkeichenwälder das Landschaftsbild. Korkeichen kommen bis zu einer Höhe von 900 m vor und bevorzugen sauren Untergrund (Granit, Trachyt). Korkeichenwälder sind sehr licht, sodass man hier viele sonnenliebende Arten wie den Zottigen Geißklee (Cytisus villosus), den Schopflavendel (Lavandula stoechas) und verschiedene Zistrosenarten findet. Die größten Korkeichenwälder erstrecken sich in einigen Gebieten des Sulcis und Iglesiente sowie im Inneren der nördlichen Inselhälfte. ■
► Macchia: Wo der Wald fehlte, breitete sich schnell das stachelige Buschland der Macchia aus. Hier wachsen und blühen verschiedene Zistrosenarten (Cistus monspeliensis, Cistus incanus, Cistus salvifolius), Rosmarin (Rosmarinus officinalis), der Mastixstrauch (Pistacia lentiscus) und die Baumheide (Erica arborea). Im Frühling verwandelt sich die Macchia in ein einziges Blütenmeer.
Leicht erkennen lassen sich in der sardischen Maccia der Erdbeerbaum (Arbutus unedo) und die Myrte (Myrtus communis). Die roten, essbaren Früchte des Erdbeerbaums leuchten im Herbst deutlich aus dem dunkelgrünen Laubwerk der Macchia hervor. Aus den Blüten der Pflanze wird der Bitterhonig (Miele amaro), eine sardische Spezialität, gewonnen. Auch die Früchte der Myrte – sie gleichen ein wenig unseren Blaubeeren und reifen im Winter – finden im kulinarischen Bereich Verwendung: In Alkohol eingelegt, erhält man den berühmten sardischen Myrtenlikör (Mirto). ■
► Pflanzen im Bergland: Reich an interessanten Pflanzenarten sind v. a. die Bergländer. Hier wachsen der Korsische Thymian (Thymus herba-barona, auch „Kümmelthymian“), die Ätna-Berberitze (Berberis aetnensis), der Gemeine Wacholder (Juniperus communis), das Sonnenröschen (Helianthemum) und die auf Sardinien und Korsika endemische Tragant-Art Astragalus genargenteus. Ebenfalls auf Sardinien und Korsika endemisch ist die Illyrische Pankrazlilie (Pancratium illyricum), die auf steinigem Untergrund und auf Brachland wächst.
Zu den wichtigsten endemischen Pflanzenarten gehören die Sardische Johannisbeere (Ribes sardoum), die nur in einem bestimmten Gebiet des Supramonte vorkommt, und die Akelei-Art Aquilegia nugorensis, die mit ihren zarten blau-violetten Blüten zu den schönsten und seltensten Pflanzen der Insel zählt. An den nördlichen Hängen des Bruncu Spina (→ Tour 17) wächst die kleine Distel Lamyropsis microcephala, die es nur dort und bei der Quelle des Riu Aratzu gibt und die zu den seltenen Paläoendemiten der Insel gehört.
Ebenfalls selten, aber nicht endemisch ist der Gelbe Enzian (Gentiana lutea). Die Wurzeln der Pflanze wurden aufgrund ihrer medizinischen Eigenschaften (fiebersenkend, verdauungsfördernd, kräftigend und anregend) lange Zeit unkontrolliert gesammelt, um von der Pharmaindustrie verwendet zu werden.
Obwohl die Flora der Insel relativ bekannt ist und als entdeckt gilt, gibt es immer noch Überraschungen, so z. B. im Herbst 1990. Damals wurde in den Bergen von Aritzo eine neue Orchideenart entdeckt: Platanthera algeriensis, die Algerische Waldhyazinthe, die bis dahin nur aus Spanien und Nordafrika bekannt war.
Die Bergländer Sardiniens bestechen aber nicht nur durch die zahlreichen endemischen und oft seltenen Arten, sondern auch durch uralte, eindrucksvolle, oft einzeln stehende Bäume – die kläglichen Reste der einst ausgedehnten Wälder. Diese Baumriesen (5–6 m Stammumfang sind keine Seltenheit!) findet man v. a. im Gennargentu und Supramonte. ■
► Säugetiere: Die Anzahl der Säugetiere auf Sardinien ist von Natur aus begrenzt, da es vielen Säugern unmöglich war, das Meer zu überqueren. Viele Arten, die auf dem italienischen Festland vorkommen, gibt es daher auf der Insel nicht (z. B. Bär, Wolf, Luchs). Wie die Flora, hat auch die Fauna stark unter dem Einfluss des Menschen gelitten. Während in der ersten Hälfte des 19. Jh. in den Bergländern und Tälern noch in großer Zahl Damwild äste und die Wälder von Rebhühnern, wilden Tauben, Eichelhähern, Amseln, Drosseln, Wachteln, Schnepfen und Turteltauben bevölkert waren, ist die Tierwelt heute stark dezimiert. Wilderei, Flussbegradigungen, die Trockenlegung von Sümpfen, touristische Erschließungsmaßnahmen und der Bau neuer Straßen führten zur Vernichtung von Lebensräumen und hatten beispielsweise das Aussterben des Damhirsches (Dama dama), der schließlich in den 60er-Jahren vom Festland wieder eingeführt wurde, und des Sardischen Hirsches (Cervus elaphus corsicanus, siehe auch Kasten „Der Cervo sardo“) zur Folge. Der Sardische Hirsch lebt heute wieder in mehreren Schutzgebieten (Sette Fratelli → Touren 20 und 21, Monte Arcosu → Tour 25), wo er sich ungestört vermehren soll. Auch der Mufflon (Ovis ammon musimon), das europäische Wildschaf, ist heute streng geschützt. Die Tiere, die sich leicht an ihren nach unten gebogenen Hörnern erkennen lassen, leben zurückgezogen am Monte Limbara (→ Tour 3), im Gennargentu (→ Touren 17 und 18) und im Supramonte (→ Tour 11).
Zu den endemischen Säugern gehören die Sardische Wildkatze (Felis lybica sarda), der Sardische Fuchs (Vulpes vulpes ichnusae), das Sardische Wiesel (Mustela nivalis boccamela) und das Giara-Wildpferd (Equus caballus giarae). Letzteres lebt auf der Giara di Gesturi (→ Tour 29) und ist eine Ponyart, die von den Araberpferden abstammen soll, welche von den Puniern nach Sardinien gebracht wurden. ■
► Vögel: Heute nisten mehr als 100 Vogelarten auf der Insel, von denen etwa zwei Drittel das ganze Jahr über auf der Insel präsent sind und beobachtet werden können, während das übrige Drittel sich nur im Frühling und Sommer zum Nisten auf der Insel aufhält. Die beste Zeit, um Vögel zu beobachten, sind der Frühling und der Herbst. Viele Vögel machen auf der Insel Rast (zentrale Lage im Mittelmeer), bevor sie nach Afrika weiterfliegen, wo sie überwintern. Leicht beobachten lassen sich Buteo buteo arrigonii (eine sardisch-korsische Unterart des europäischen Mäusebussards), Athene noctua sarda (die sardische Unterart des Steinkauzes) und Tyto alba ernesti (die sardisch-korsische Varietät der Schleiereule). Ein Raubvogel, den man mit ein bisschen Glück sehen kann, ist der Steinadler (Aquila chrysaetos chrysaetos), der eine Flügelspanne von 2 m erreichen kann. Der Gänsegeier (Gyps fulvus fulvus, siehe auch Kasten „Die letzten Gänsegeier von Bosa“) kommt dagegen nur noch an der rauen Westküste zwischen Bosa und Alghero vor. Der Mönchsgeier (Aegypius monachus) und der Lämmergeier (Gypaetus barbatus) sind wohl endgültig auf der Insel ausgestorben. ■
► Amphibien und Reptilien: Sardinien ist außerordentlich artenarm an Amphibien und Reptilien. Man findet verschiedene Eidechsen- und Schildkrötenarten (z. B. Griechische Landschildkröte Testudo hermanni, Maurische Landschildkröte Testudo graeca, Unechte Karettschildkröte Caretta caretta) sowie ungiftige Schlangenarten (z. B. Ringelnatter Natrix natrix, Hufeisennatter Coluber hippocrepis). Eine Besonderheit stellen der Sardische Gebirgsmolch (Euproctus platycephalus) und die vier endemischen Arten des Schleuderzungensalamanders (Speleomantes) dar. Euproctus platycephalus lebt in Seen und Bächen waldreicher Zonen. Sein Vorkommen ist bedroht durch die Verschmutzung von Wasserläufen und Quellen. Die Salamander-Art Speleomantes imperialis funereus kommt bis zu einer Höhe von 1.200 m vor. Das Tier lebt in feuchter Umgebung und ist nachtaktiv. Es besitzt keine Lungen, sondern atmet durch die Haut, die stets mit einem feinen Wasserfilm bedeckt sein muss, damit Sauerstoffaustausch stattfinden kann. ■
► Für alle in diesem Buch beschriebenen Wanderungen reichen knöchelhohe Wanderschuhe mit gutem Profil aus. Einige Touren können auch mit festen Turnschuhen oder gar Sandalen begangen werden. Von Oktober bis Mai sollte man auch wetterfeste, also warme und regenfeste Kleidung (Outdoorjacke o. Ä.) im Rucksack dabeihaben. Vor allem in den höheren Lagen kann es dann noch leicht zu Wetterstürzen kommen. Im Sommer darf dagegen ein geeigneter Sonnenschutz (Sonnenhut und Sonnencreme) auf keinen Fall fehlen. Besonders im Frühling wird die starke Sonneneinstrahlung in den höheren Lagen leicht unterschätzt. Lange Hosen schützen die mühsam gebräunten Beine auf Wegen durch die stachelige Macchia vor unschönen Kratzern.
Wanderstöcke können bei längeren Abstiegen praktisch und knieschonend sein, in steinigem und felsigem Gelände jedoch leicht hinderlich und gefährlich werden. Hier sollte jeder Wanderer seine eigenen Vorlieben und Gewohnheiten kennen.
Bei den meisten Touren besteht keine Möglichkeit, mittags einzukehren. Proviant und Wasser (ca. 1,5 Liter pro Person, bei längeren Touren und warmem Wetter auch mehr) müssen also im Rucksack mitgetragen werden. Auch etwas Energiereiches (Traubenzucker, Schokolade, Nüsse, Trockenfrüchte) für den kleinen Hunger zwischendurch oder für Notsituationen sollte man dabeihaben.
Kompass, Höhenmesser und GPS können bei Orientierungsschwierigkeiten weiterhelfen – wenn man sie benutzen kann. Im Rucksack sollte außerdem eine Taschenlampe nicht fehlen, und ein funktionierendes Handy kann im Notfall lebensrettend sein! ■
► Die organisierte Berg- und Höhlenrettung (CNSAS, Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico) gibt es auf Sardinien seit 1975. Die Bergwacht kann jedoch nicht direkt angefordert werden, sondern nur über die zentrale Notrufnummer Tel. 118 oder über die Nummer des Forstamtes Tel. 1515 (Corpo Forestale e di Vigilanza Ambientale della Regione Sarda, CFVA). Um von der zentralen Leitstelle zur Bergrettung weitergeleitet zu werden, muss beim Notruf unbedingt angegeben werden, dass es sich um einen Unfall in den Bergen handelt und dass man die Bergrettung anfordern möchte.
Wenn das Mobiltelefon kein Netz hat, kann man es mit einem anderen Anbieter versuchen. Ist das nicht möglich, schaltet man das Mobiltelefon aus und wieder ein und gibt dann statt der PIN die europaweite Notrufnummer Tel. 112 ein. Wenn es funktionstüchtig ist, sollte das Telefon nun automatisch nach dem stärksten Netz suchen, damit der Notruf abgesetzt werden kann. ■
► Krankenhäuser und Gesundheitszentren: Der Standard der sardischen Krankenhäuser lässt sich nicht mit dem der deutschen vergleichen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine umfangreiche Reisekrankenversicherung (ggf. mit Rückholmöglichkeit) abschließen. Eine solche Versicherung bietet über die Mitgliedschaft auch der ADAC an. Speziell auf den Bergsport bezogene Versicherungen offerieren der Deutsche Alpenverein (DAV, www.alpenverein.de) und der Alpenverein Österreich (www.alpenverein.at) ihren Mitgliedern. Die wichtigsten Krankenhäuser auf Sardinien sind:
Alghero: Ospedale Civile Alghero, Via Don Minzoni, Tel. 079-996200, sowie Ospedale Marino Regina Margherita Alghero, Viale I Maggio 1, Tel. 079-996200.
Bosa: Presidio Ospedaliero G. A. Mastinu, Via G. A. Pischedda, Tel. 0785-225100.
Cagliari: Ospedale Roberto Binaghi, Via Is Guadazzonis 2, Tel. 070-6093149, sowie Ospedale Marino, Lungomare Poetto, Tel. 070-6094412, und Ospedale S.S. Trinità, Via Is Mirrionis 92, Tel. 070-6095768.
Iglesias: Presidio Ospedaliero Santa Barbara Iglesias, Via San Leonardo 1, Tel. 0781-3921.
Lanusei: Presidio Ospedaliero Nostra Signora della Mercede, Via Ospedale, Tel. 0782-490211.
Nuoro: Ospedale San Francesco, Via Mannironi, Tel. 0784-240237, sowie Ospedale Cesare Zonchello, Piazza Sardegna 1, Tel. 0784-240237.
Olbia: Ospedale Civile San Giovanni di Dio, Viale Aldo Moro, Tel. 0789-552200.
Oristano: Presidio Ospedaliero San Martino, Via Rockefeller, Tel. 0783-3171.
Sassari: Ospedale S.S. Annunziata Sassari, Viale Italia, Tel. 079-2061000.
Tempio Pausania: Ospedale Civile Paolo Dettori, Via G. Deledda, Tel. 079-678200.
In allen kleineren Ortschaften gibt es außerdem Gesundheitszentren (Guardia Medica und Guardia Medica Turistica), in denen kleinere Verletzungen behandelt werden. ■
Unsere Wanderungen verlangen eine gewisse Vorbereitung. Zu berücksichtigen ist dabei immer, dass die bei den einzelnen Touren genannten Zeiten reine Gehzeiten sind. Mit Pausen (auch zum Fotografieren!) braucht man unter Umständen viel länger. Nicht nur deswegen raten wir, immer frühzeitig zu starten (→ Tabelle zu den Sonnenauf- und -untergangszeiten sowie zur Tageslänge): Aufgrund der geografischen Lage ist die Phase der Dämmerung auf Sardinien sehr kurz, in engen Tälern kann es auch schon vor Sonnenuntergang ziemlich dunkel sein.
► Standorte: Ohne ein eigenes oder ein Mietfahrzeug kommt man auf Sardinien schlecht vorwärts. Um möglichst viel von der Insel zu sehen, bietet sich ein Standortwechsel während des Urlaubs an. Auf ganz Sardinien ist die touristische Infrastruktur gut ausgebaut, in der Vor- und Nachsaison muss jedoch teilweise mit einem eingeschränkten Angebot gerechnet werden. Bei der Routenplanung sollte man die Entfernungen zwischen den einzelnen Orten jedoch nicht unterschätzen, v. a. Fahrten durchs Gebirge kosten Zeit.
Norden: Ein schöner Ausgangspunkt für Touren im Norden ist das kleine Gallura-Dorf San Pantaleo (bei Tour 1). Auch die berühmte Costa Smeralda lässt sich von hier aus leicht erreichen, wenn man sich einen Tag Pause vom Wanderprogramm gönnen möchte. Verschiedene kleine Hotels sind im Ort vorhanden.
Das städtische Zentrum der Gallura ist die lebhafte Kleinstadt Tempio Pausania mit ihrer hübschen Altstadt (bei Tour 2 und 3). Hier kann man, vorbei an den alten Häusern aus Granit, durch die engen Gassen schlendern und in einer Bar einen Cappuccino schlürfen. Der Monte Limbara (Tour 3) und auch die Costa Paradiso lassen sich von hier aus gut erreichen. Wer es geruhsamer mag, findet in dem Ort Berchidda (am Fuße des Limbara) verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten.
Ein immer bedeutender werdender Ferienort ist San Teodoro (bei den Touren 4 und 5). Aus einem kleinen Fischerdorf hervorgegangen, ist der Ort heute ein beliebtes Ferienziel. In den Sommermonaten ist es hier sehr voll, in der Vor- und Nachsaison kehrt allerdings Ruhe ein.
Osten: Als Ausgangspunkt für Wanderungen im Massiv des Monte Albo (Touren 6 und 7) bietet sich die kleine Ortschaft Lula an. Im Ort werden Privatzimmer vermietet, verschiedene Agriturismi befinden sich in der Umgebung. Wen es eher ans Meer zieht, der findet an der Küste bei La Caletta und Santa Lucia zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten.
Um das Supramonte-Gebirge (Touren 8 bis 16) zu entdecken, empfiehlt sich ein Quartier in den Bergdörfern Oliena, Urzulei, Baunei und v. a. Dorgali. Dorgali und die zur selben Gemeinde gehörende Ortschaft Cala Gonone am Meer haben in den letzten Jahren ihre touristische Infrastruktur beachtlich ausgebaut. In den Ortschaften Oliena und Urzulei im Landesinneren geht es dagegen ursprünglicher zu. Ein Bett und ein warmes Abendessen findet man jedoch auch hier. Hoch über dem Meer thront das Bergdorf Baunei. Die dazugehörende Marina Santa Maria Navarrese (Tour 15) ist eine schmucke Ortschaft mit einem hübschen Sandstrand, kleinen Hotels und typischen Restaurants.
Fonni und Dèsulo sind ideale Standorte für Wanderungen im Gennargentu (Touren 17 bis 19). Fonni ist das höchstgelegene Bergdorf Sardiniens, einige Kilometer entfernt liegt das lebendige Dèsulo inmitten von dichten Kastanienwäldern. Lohnenswert ist auch Aritzo. Die traditionelle Sommerfrische bietet ein hübsches Ortsbild, gepflegte Hotels und viele Möglichkeiten für Ausflüge.
Süden: Sowohl von den im Hinterland der Costa Rei gelegenen Orten als auch von den Ferienzentren an der Küste lassen sich die Berge der Sette Fratelli (Touren 20 und 21) mit einem Mietwagen gut erreichen. Der Badeort Villasimius hat eine stürmische touristische Entwicklung durchgemacht und ist in der Hauptsaison sehr voll. Ruhiger und auch preisgünstiger wohnt man einige Kilometer entfernt, z. B. in Cala di Sinzias oder Castiadas.
Für Touren ins Sulcis (Touren 22, 23 und 25) bieten sich die Orte Chia an der Costa del Sud, Santa Margherita di Pula und Pula an. Wer sich mit weniger Komfort begnügt, findet auch im Landesinneren in Villa San Pietro, Domus de Maria oder Capoterra nette Unterkünfte.
Gute Standorte für Wanderungen im Massiv des Monte Linas (Touren 24 sowie 26 bis 28) sind die alten Bergarbeitersiedlungen Fluminimaggiore, Gonnosfanadiga und Arbus sowie der größere Ort Villacidro. Vor allem Fluminimaggiore ist ein lebhafter Ort mit einer gut sortierten Tourist-Info, verschiedenen Agriturismi, einigen Hotels und zahlreichen preisgünstigeren Privatzimmern.
Ganz in der Nähe der Giara (Tour 29) bieten sich die Ortschaften Tuili, Setzu und Barumini an.
Westen: Wer Westsardinien erwandern möchte, kann Unterkunft in dem malerischen Städtchen Bosa beziehen (bei den Touren 30 bis 33). Hier gibt es verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten. In dem verschlafenen Ort Porto Alabe (bei Tour 30), ca. 5 km von Bosa entfernt, werden auch hübsche Ferienwohnungen angeboten.
Die traditionsreichste Badestadt Sardiniens ist Alghero (bei den Touren 34 und 35). Seit dem Ende des 19. Jh. gibt es hier eine touristische Entwicklung. Die gut erhaltene Altstadt mit Kathedrale und engen, gepflasterten Gassen bietet viel Ambiente. Bei Unterkünften und Restaurants hat man hier die Qual der Wahl. ■
► Touristeninformation von zu Hause aus: Das staatliche italienische Fremdenverkehrsamt ENIT (Ente Nazionale Industrie Turistiche) betreibt in Deutschland und Österreich jeweils ein Büro. Infos erhält man unter www.enit.de und www.enit.at.
Deutschland
60325 Frankfurt am Main, Barckhausstr. 10, Tel. 069/237434, frankfurt@enit.it.
Österreich
1060 Wien, Mariahilfer Str. 1 b, Mezzanin-Top XVI, Tel. 01/5051639, vienna@enit.it. ■
► Touristeninformation vor Ort: In Cagliari kann man sich in der Touristeninformation im Rathaus (Cagliari Turismo, Piazza Giacomo Matteotti) tägl. 9–20 Uhr über die Provinz Cagliari informieren (www.cagliariturismo.it). Auch die für die anderen Provinzen zuständigen EPT-Büros (Ente Provinciale per il Turismo) halten Informationen bereit. EPT-Büros gibt es u. a. in Nuoro (Nuoro; Piazza Italia 19, Tel. 0784-30083), Oristano (Oristano; Via Cagliari 278, Tel. 0783-74191) und Sassari (Sassari; Viale Caprera 36, Tel. 079-299544). Cagliari ist ebenfalls mit einem EPT-Büro vertreten (Provinz Cagliari; Piazza Deffenu 9, Tel. 070-654811). Die Öffnungszeiten der Büros sind in der Hauptsaison etwa 9–13 und 17–20 Uhr.
In den Büros der A.A.S.T. (Aziende Autonome di Soggiorno e Turismo), die sich in den wichtigsten Ortschaften und v. a. an der Küste befinden, erhält man Auskünfte und Unterlagen über den jeweiligen Ort.
In den lokalen Informationsbüros der Pro Loco gibt es außerdem Informationen zu Privatzimmern, Ferienwohnungen und Restaurants. ■
► Wege und Markierungen: Bergsport ist auf Sardinien nicht sehr verbreitet. Durchgängig und korrekt markierte Wege sind daher die Ausnahme. Die meisten Wanderungen verlaufen auf alten Hirten- und Köhlerwegen, die von Einzelwanderern kaum begangen werden. Vorhandene Markierungen werden oft übertüncht und normalerweise nicht gepflegt, Steinmännchen werden zerstört, und Wegweiser fallen um, werden entfernt oder umgedreht. Vor allem aber werden auch die Wege weder von den Gemeinden noch von Wandervereinen gepflegt. Obwohl die Touren in diesem Buch mit größter Sorgfalt erstellt wurden, können sich die Gegebenheiten zwischenzeitlich verändert haben. Eine Ausnahme stellen die Wanderwege dar, die in an Forstämter (Cantieri forestali) verpachteten Gebieten verlaufen. Eine wichtige Aufgabe der Forstarbeiter ist neben der Aufforstung die Pflege der von ihnen angelegten Wanderwege.
► Geführte Touren: Besonders empfehlenswert sind Anbieter, die der G.A.E. (Guide Ambientali Escursionistiche) angeschlossen sind. Ihre Mitglieder sind erfahrene Führer, die „ihre“ Berge wie ihre Westentasche kennen, sich regelmäßig weiterbilden und meist außer Italienisch noch eine weitere Sprache sprechen.
► Taxi: Taxis sind für die Durchführung der Touren weniger geeignet. Es gibt sie nur in den größeren Städten, z. B. in Olbia, und die Fahrten sind teuer. ■
► Bus: Mit Bussen sind zwar die von uns empfohlenen Standorte zu erreichen, nur selten aber die Ausgangspunkte für die Touren, sodass ein eigener Pkw oder ein Mietfahrzeug das beste Fortbewegungsmittel ist.
Die wichtigste sardische Busgesellschaft ist ARST (Trasporti regionali della Sardegna), eine Niederlassung findet man an der Piazza Matteotti (Nr. 6) in Cagliari, Tel. 070-4098324, die nur von Sardinien aus gültige Servicenummer lautet Tel. 800865042, www.arst.sardegna.it. Die blauen Busse fahren über die ganze Insel und halten in den meisten Ortschaften.
Des Weiteren gibt es eine Schnellbuslinie der Gesellschaft Deplano Autolinee & Turismo (Tel. 0784-295030, www.deplanobus.it). Die roten Busse fahren von Juni bis September vom Flughafen Olbia entlang der Ostküste nach San Teodoro, Budoni, Siniscola, Nuoro und Cala Gonone. Busfahrplan auch auf der Homepage des Flughafens Olbia: www.geasar.it → Da e per L’Aeroporto → Autobus. ■
► Straßen- und Wanderkarten: Die meisten Straßenkarten sind nicht aktuell. Man darf seine Erwartungen also nicht zu hoch stecken. Eine der besten ist die detaillierte Karte „Sardegna“ im Maßstab 1:200.000 aus der Reihe „Grande carta stradale d’Italia“ des Touring Club Italiano (TCI). Sie ist vor Ort erhältlich. Eine weitere zuverlässige Straßenkarte ist „Sardinien“ (Italien, Bl. 16, 1:200.000), bei Kümmerly + Frey erschienen (der Verlag hat die deutsche Lizenz für das Kartenwerk des TCI erworben). Kostenlose Karten verschiedener Qualität erhält man mit etwas Glück auch bei den örtlichen Tourismus-Ämtern.
Zum Wandern bieten sich die IGM-Karten an. Sie werden vom Istituto Geografico Militare in Florenz herausgegeben. Es sind allerdings topografische Karten (Maßstab 1:25.000, 1:50.000 oder 1:100.000), in denen keine Wanderwege verzeichnet sind, sondern nur geografische Merkmale. Infos gibt es auf der Homepage www.igmi.org, über die die Karten auch bestellt werden können (aufpassen, dass man die neueste Ausgabe bestellt, viele Karten sind lange Zeit nicht mehr aktualisiert worden!). Früher gab es diese Karten auf der Insel nur an bestimmten Verkaufsstellen. Heute sind sie jedoch auch bei verschiedenen Tourist-Infos und in einigen Supermärkten erhältlich. In Deutschland lassen sich die Karten im Allgemeinen über größere Buchhandlungen bestellen.
Darüber hinaus geben einige Gemeinden selbst Wanderkarten ihres Gemeindegebietes heraus. Es empfiehlt sich, direkt vor Ort im Rathaus oder bei der Tourist-Info nachzufragen. ■
► Literaturtipps: Für Sardinien ist es das Reisehandbuch schlechthin – „Sardinien“ von Eberhard Fohrer (Michael Müller Verlag, 14. Aufl. 2013). Es bietet alle Infos, die man für einen Urlaub auf der Insel braucht.
Lust auf Sardinien macht auch der Reisebericht von Max Leopold Wagner „Reisebilder aus Sardinien“. Der Münchner war der wichtigste Erforscher der sardischen Sprache und bereiste die Insel mehrmals zu Beginn des 20. Jh. Seine Erfahrungen hat er in seinen „Reisebildern“ festgehalten und sie in den Jahren 1907/08 in verschiedenen geografischen Zeitschriften veröffentlicht (heute bei Books on Demand, 2004).
In seinem Reisetagebuch „Das Meer und Sardinien“ (Diogenes, 2. Aufl. 2007) beschreibt der englische Schriftsteller D. H. Lawrence mit viel sarkastischem Humor seine zehntägige Sardinienreise, die er zur Jahreswende 1912/13 unternommen hatte.
Mit dem Inselporträt „Gebrauchsanweisung für Sardinien“ (Piper Verlag, 2012) zeichnet der Journalist Henning Klüver ein facettenreiches Bild Sardiniens und berichtet von der Mittelmeerinsel als eine, die gegensätzlicher nicht sein könnte.
Ein schöner Naturführer mit vielen Fotos ist der „terra NaturReiseführer Korsika, Sardinien“ von Johannes Kautzky (Tecklenborg Verlag, 2007), der sich auch mit der Nachbarinsel beschäftigt.
Romane und Krimis: Ein authentisches Bild von Sardinien vermitteln die Romane der Literaturnobelpreisträgerin Grazia Deledda (1871–1936). Die Schriftstellerin wurde in der kleinen Bergstadt Nuoro geboren. Einige ihrer Romane sind auch ins Deutsche übersetzt worden, z. B. „Schilf im Wind“ (Manesse Verlag, 2005).
Auch in Deutschland bekannt ist der autobiografische Roman „Padre Padrone“ von Gavino Ledda (z. B. DTV, 2003). Ledda setzt sich in dem Buch mit seiner harten Kindheit als Hirtenjunge in der Nähe von Sassari auseinander.
Die Bücher von Marcello Fois und Giorgio Todde werden Krimi- und Romanliebhaber mögen. Der im Jahr 1960 geborene Fois ist v. a. durch seine Krimis um den Avvocato Bustiano berühmt geworden. In seinem Buch „Zwischen den Zeiten“ (Die Andere Bibliothek, 2014) begleitet man den Protagonisten Vincenzo Chironi auf der Suche nach seiner Vergangenheit in die sardischen Heimat. Kurzweil am Strand verspricht „Die schöne Mercede und der Meisterschmied“ (Die Andere Bibliothek, 2011) – eine sprachgewaltige Familiensaga aus dem Herzen Sardiniens.
Giorgio Todde wurde
Weit über die Grenzen Sardiniens hinaus bekannt geworden ist der Roman „Accabadora“ (DTV, 2011) der 1972 in Cabras geborenen Autorin Michela Murgia. Vor der Kulisse eines abgelegenen sardischen Dorfes setzt sie sich mit modernen Themen wie Sterbehilfe und Adoption auseinander (auch als Hörbuch in Italienisch, von der Autorin selbst gelesen). Murgias neuestes Werk „Ave Mary“ (2011, nur auf Italienisch) fand ebenfalls große Beachtung, wurde von der katholischen Kirche jedoch scharf kritisiert.
Ein auch ins Deutsche übersetzter Bestseller ist „Die Frau im Mond“ (DTV, 2009) von Milena Agus, ein kleiner Roman mit großen Gefühlen – die Geschichte einer sardischen Frau bäuerlicher Herkunft, die als reife, unglücklich verheiratete Frau den Mann ihrer Träume trifft.
Einer der wichtigsten Repräsentanten der modernen sardischen Literatur ist der 1975 geborene Flavio Soriga. Im Roman „Der schwarze Regen“ (Luchterhand Literaturverlag, 2007) erzählt er von der unkonventionell lebenden Marta, die in dem Dorf, in dem es nicht mehr aufhören will zu regnen, eines Tages ermordet aufgefunden wird. Er zeichnet ein düsteres Bild einer Dorfgemeinschaft, deren Leben durch Korruption, unterdrückte Leidenschaften und verfehlte Lebensentwürfe bestimmt wird. Weitere lesenswerte Werke dieses Autors sind „Sardinia Blues“ (Sodip Spa, 2009) und „Nuraghe Beach“ (2011, nur auf Italienisch).
Etwas beklemmend lesen sich „Die Legende der Redenta Tiria“ (ein fiktives Dorf wird von einer unerklärlichen Selbstmordwelle heimgesucht – bis eines Tagen Redenta Tiria auftaucht; Zsolnay Verlag, 2007) und „Die barfüßige Witwe“ (Zsolnay Verlag, 2011), beide von dem 1950 in Orani geborenen Schriftsteller Salvatore Niffoi. ■