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Marseille

Essen gehen

Mehr als eine Fischsuppe

Marseilles hat sich mit der Bouillabaisse ein kulinarisches Denkmal gesetzt. Die Bouillabaisse gehört zu Marseille wie die Pizza zu Italien. Und obwohl das Risiko, in einem Touristenlokal über den Tisch gezogen zu werden, groß ist, wäre eine Reise nach Marseille ohne Bouillabaisse unvollständig. Sie gehört zur Stadt wie die Wallfahrtskirche Notre-Dame de la Garde. Wolfgang Koeppen mokierte sich über „ein mildes, dem Allerweltsgeschmack angepasstes Fischsuppengericht, in dem ein einsames Langustenbein schamrot den Preis von 1000 Francs zu rechtfertigen versucht“. Doch ist die Bouillabaisse richtig zubereitet, käme es einem Frevel gleich, sie als „Fischsuppe“ zu bezeichnen. Respekt ist angebracht, schließlich soll die Liebesgöttin Aphrodite die Bouillabaisse erfunden haben, um ihren Gatten Hephaistos mit Hilfe des Safrans einzuschläfern, damit sie sich ungestört mit ihrem Liebhaber Ares vergnügen konnte. Selbst unter den Einheimischen werden die besten Adressen nur engen Freunden verraten. Der Journalist und Krimiautor Jean-​Claude Izzo (1945–2000), der für Marseille eine ähnliche Bedeutung wie Léo Malet für Paris hatte, liebte es, „zu spüren, wie Marseille unter meiner Zunge vibriert“. Glücklicherweise kann man in Marseille aber auch jenseits der Bouillabaisse hervorragende Fischgerichte in allen Variationen genießen.

Ein Tipp für alle, die mit einer eher knapp bemessenen Reisekasse unterwegs sind, aber anspruchsvolle Gaumenfreuden nicht missen möchten: Statt 25 € für ein langweiliges 08/15-Menü ohne Wein zu zahlen, empfiehlt es sich, zur Mittagszeit in einem kulinarisch anspruchsvollen Restaurant zu tafeln – die Rechnung für ein Mittagsmenü oder Tagesgericht (Plat du jour) fällt dann nur unwesentlich höher aus, die Qualitätsunterschiede können jedoch beachtlich sein.

Andere Länder, andere Sitten

Das Frühstück (petit déjeuner) fällt eher karg aus, eine Schale Milchkaffee (café crème) und ein Croissant genügen den meisten Franzosen bis zum Mittagessen (déjeuner). Mittags füllen sich die Restaurants erst ab 12.30 Uhr, mit dem Abendessen (dîner) wird kaum vor 19.30 Uhr begonnen. Zum Essen sollte man viel Zeit mitbringen; wer mittags nur schnell eine Kleinigkeit zu sich nehmen will, ist in Café, Bistro oder Brasserie besser aufgehoben.

Am Wochenende und in beliebten Restaurants empfiehlt es sich, einen Tisch vorzubestellen, selbst wenn es nur eine Stunde vorher ist. Auch ohne Reservierung gebietet die französische Höflichkeit, dass der Gast sich am Eingang geduldet, bis ihm ein Platz angeboten wird. Die Bedienung wird mit Madame bzw. Monsieur angesprochen.

Die Rechnung wird nach Aufforderung gebracht (L’addition, s’il vous plaît!). Es ist nicht üblich, getrennt zu bezahlen. Die Bedienung ist im Restaurant zwar ausnahmslos im Preis inbegriffen (service compris), zwischen 5 und 10 Prozent Trinkgeld (pourboire) sind je nach Zufriedenheit dennoch angemessen; sich Minimalbeträge herausgeben zu lassen, gilt als unhöflich. Das Bedienungspersonal ist wegen seines geringen Grundlohns auf Trinkgeld angewiesen, das man üblicherweise nach der Bezahlung auf dem Tisch zurücklässt.

7 Tage kulinarisch

∎  Le Miramar: Obwohl direkt am Vieux Port gelegen, ist das Lokal keine Touristenfalle, sondern eine hervorragende Adresse, um eine Bouillabaisse zu versuchen. → Tour 1

Au Bout du Quai: Ab Ende des Hafenquais gibt es hier eine moderne Fischküche zu zivilen Preisen. → Tour 1

Le Relais 50: Ansprechende französische Küche mit asiatischen Einflüssen in schönem Ambiente. → Tour 1

∎ Etienne: Die Pizzeria im Panier-Viertel genießt Kultstatus. Reservierungen werden genauso wenig akzeptiert wie Kreditkarten. → Tour 2

∎ La Passarelle: Ein Restaurant mit eigenem Gemüsegarten! Neben der guten Küche begeistert noch eine herrliche Terrasse. → Tour 3

L’Arôme: Unweit des Cours Julien wird eine raffinierte Küche mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis geboten. → Tour 4

Les Akolytes: Internationale Tapas auf hohem Niveau, serviert in einer lockeren Atmosphäre. → Tour 5

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