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Westboehmen
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Westboehmen

Westböhmen kulinarisch

Böhmische Küche einst …

Falls Sie als Kurgast kommen, werden Sie Probleme haben, Ihre Diätvorschriften mit der schweren, kalorienreichen Kost Westböhmens in Einklang zu bringen. Die Völlerei nach der Trinkkur beschrieb schon der österreichische Schauspieler Paul Morgan (1886–1938) in seinem humoristischen Tagebuch „Stiefkind der Grazien“: „Die Marien-, Karls- und Franzensbader Gaststätten haben für jeden etwas Weihevolles, Andachtheischendes. Der Duft ihrer Braten, der Hauch ihrer Gemüse und das Aroma ihrer Mehlspeisen lassen die Schwärmerei von Arabiens Wohlgerüchen unbegreiflich erscheinen. Liebevoll betreut dich der Kellner, seine Augen leuchten, wenn er dir von der Knusprigkeit des Tafelspitz erzählt und von der Würze der Schnittlauchsauce.“ Ganz so ist es leider nicht mehr. Dafür haben Vertreibung und vier Jahrzehnte Sozialismus gesorgt: Noch heute liegt die Ausbildung junger Köche zuweilen in den Händen derer, die zu Zeiten der nationalen Einheitsküche in die Lehre gingen, als jegliche Kreativität untersagt war, um die Gleichstellung der Restaurants zu gewährleisten.

… und heute

Zum Glück aber nicht nur – immer mehr junge Köche rücken nach, die sich zum einen auf die hervorragenden alten Rezepte zurückbesinnen und zum anderen versuchen, die böhmischen Standards mit neuen Ideen aufzupeppen. So leuchten die ersten Michelin-Sterne über Prag, aber auch auf dem Land gibt es mehr und mehr Restaurants mit innovativer, qualitätsbewusster Küche. Manche verfügen über eine eigene Räucherei, andere arbeiten mit Biofarmen oder Züchtern edler Rinderrassen wie Charolais oder Angus zusammen. Ohnehin sind Bioprodukte im Kommen. Wer es sich in Tschechien leisten kann, kauft „bio“ – angefeuert durch die vielen Lebensmittelskandale. Mittlerweile werden über 15 % der landwirtschaftlichen Flächen des Landes ökologisch bewirtschaftet, das ist weit mehr als in Deutschland.

Kein Hopfen und Malz verloren

Am Bier führt in Westböhmen kein Weg vorbei, schließlich kommt der Welt bester Gerstensaft aus diesen Landen. In den einfachen, rustikalen pivnices schmeckt er besonders gut. Schulter an Schulter sitzt man hier und erfährt spätestens beim dritten Glas die Lebensgeschichte des Nebenmanns. Das tschechische Grundnahrungsmittel Nr. 1 enthält übrigens weniger Alkohol als deutsches Bier – den bekannten Krug zu viel trinkt man dennoch. Wer nicht nur wissen will, wie das Bier ins Glas, sondern auch wie es ins Fass kommt, kann sich im Rahmen diverser Führungen, u. a. in den Brauereien Pilsner Urquell und Chodovar, schlaumachen. Erstere sei Freunden herb-bitterer Pilsner empfohlen, Letztere Fans mild-würziger Biere. Die Chodovar-Brauerei bietet zudem heilsame Bierbäder an. Auch eröffnen in allen Winkeln des Landes Mikrobrauereien (Mini pivovar), die handgemachte Craft-Biere ausschenken – im Buch bzw. vor Ort werden Sie auf so einige stoßen. Manche haben nur einen Verkauf angegliedert. Andere schenken im hauseigenen Restaurant aus, wiederum andere haben gar ein Hotel dabei – besonders praktisch. Es macht Spaß, auf Bierentdeckungstour zu gehen, bei Fahrten über Land hier und da ein Fläschchen einzukaufen und am Abend zu degustieren.

Nicht zu spät kommen!

Die Hauptmahlzeit nehmen die Tschechen mittags ab 11 Uhr ein. In den meisten restaurace werden dann preiswerte Tagesgerichte angeboten. Falls Sie keine Tageskarte bekommen (meist nur in tschechischer Sprache), fragen Sie nach den Tagesangeboten (denní nabídky). Abends wird ebenfalls früh gegessen. In Dorfkneipen schließt die Küche oft schon gegen 20.30 Uhr, ansonsten ist um 22 oder 23 Uhr Zapfenstreich.

Was man sonst noch wissen sollte …

Die Preisangaben im Buch beziehen sich auf Hauptgerichte (Hg.). Beilagen müssen, von den Tagesgerichten abgesehen, oft separat bestellt werden. Die Grammangaben vor Fleisch-, Fisch- und selbst Pastagerichten, die man auf manchen Karten noch findet, sind Relikte aus sozialistischer Zeit.

Beim Bezahlen wird oft die Frage gestellt: „Karta nebo hotovost?“ („Mit Karte oder bar?“). Als Trinkgeld gibt man 5–10 %, in touristischen Lokalen wird es oft automatisch berechnet.

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